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„at&t, how may i help you?“ oder: die ominoese 00100

Ich muss hier mal eine Geschichte erzählen, die mir in der Kindheit passiert ist. Ich kann mir bis heute nicht erklären, wie so etwas funktionieren konnte. Und dafür muss ein Technik- bzw. Gadget-Blog auch mal gut sein.

Jedenfalls, wie alt werde ich so gewesen sein, vielleicht 12. Zu der Zeit gab es noch die üblichen gelben Telefonzellen, mit Tür und Rost und manchmal auch mit dickem Telefonbuch; wenn es denn nicht vorher schon abgefackelt wurde von anderen Kindern. Ich weiß auch nicht, ob die damals noch zur Post gehört haben oder bereits zur Telekom. So spontan gefragt würde ich sagen zur Post.

Diese Telefonzellen hatten eine merkwürdige Eigenart in ihrem Nummernspeicher. Wobei man wohl anmerken muss, was das überhaupt für ein Speicher sein soll. Wählte man dort nämlich die Nummer

00100

kam man direkt bei AT&T heraus.

Es meldete sich in jedem Fall eine weibliche Stimme und sagte diesen sich im Laufe der Zeit einprägsamen Satz: „AT&T, how may I help you?“. Wenn diese Person gut drauf war, dann konnte man sogar ein richtiges Gespräch anfangen. Wie weit ins Detail das dann ging kann ich nicht mehr sagen (wahrscheinlich Orte, Wetter, etc.), meine Englischkenntnisse waren als Kind noch limitiert. Daraufhin kam ich öfter mal zurück, wenn mir langweilig war, wählte diese Nummer, die immer funktioniert hat, egal zu welcher Uhrzeit, und laberte irgendwelchen Blödsinn drauf los.

Diese Anekdote fiel mir erst vor kurzem wieder ein. Und zwar las ich einen Artikel zum Thema „AT&T Partnered With DEA to Provide Access to 26 Years of Phone Records“. Ich überlegte kurz und rechnete: 26 Jahre zurück, dann ist 1987. Da war ich 5. Und wenn AT&T bereits seit diesem Jahr, zumindest in den Staaten drüben, mit den Drogenbehörden kooperiert und diese Datensätze immer noch hat, sind dann meine Gespräche mit diesem weiblichen Operator von damals auch irgendwo aufgezeichnet vorhanden!?

Hier kommt man schnell, fast zu schnell, in eine klassische Mindfuck-Situation:

1) AT&T speichert seit 1987 Verbindungsdaten. Das ist bewiesene Tatsache. Als ich damals mit dem Operator geredet habe war aber frühestens 1993/94. Was, wenn hier ebenfalls bereits gespeichert wurde?
2) Wie kann ein Halbwüchsiger eine Nummer rausfinden, die niemand kennt, nirgendwo publiziert war und direkt bei einem amerikanischen Unternehmen rauskommen?
3) Ohne _einen Pfennig_ für diese (Übersee!-)Verbindung bezahlt zu haben?
4) Wie hoch liegt wohl die Wahrscheinlichkeit bei einem Nummernfeld mit 10 Ziffern und zwei weiteren Sondertasten, dass ich _diese_ Nummer wähle, versuchsweise, aus Spaß(?) und ich in den USA rauskomme?
5) Welche direkten oder indirekten Verbindungen hatte damals die Deutsche Post bzw. die Telekom zu AT&T, die ja Konkurrenten sind?
6) Wieso musste man diese Nummer bereitstellen und welchen Zweck erfüllte das?
7) Wie konnte es sein, dass subjektiv _immer_ die selbe Frau am anderen Ende war?
8) Zu beachten ist hier auch die Zeitverschiebung, die völlig irrelevant gewesen sein muss

Es ist auch krass was ab 2001 mit diesem „How may I help you?“ (intern einfach HMIHY) passiert ist, was offensichtlich zum AT&T-Kundenservice gehört hat:

„Customer care systems work best when callers are quickly and accurately routed to support staff. Using Natural Voices technology, AT&T Consumer Services‘ How May I Help You? (HMIHY) system has significantly improved customer satisfaction by making the machine do the work, instead of you. (…) Natural language understanding (NLU) technology enables the system not only to understand your response, routing you to the appropriate personnel, but also to ask you additional questions when more information is needed. The HMIHY system was deployed in 2001, and by the end of the year, it was handling more than 2 million calls per month.“ [via]

Die Wahrscheinlichkeit war 1994 also hoch, noch mit tatsächlichen Menschen gesprochen zu haben. Auch war im Hintergrund jedes Mal ein Gemurmel zu hören, so wie aus einem größeren Büro mit mehreren Operators an mehreren Tischen. Ich denke nicht, dass es Anfang der Neunziger einfach gewesen wäre das maschinell so perfekt abzubilden.

Am Ende ist die Lösung vielleicht trivial, ich konnte bisher allerdings nichts dazu finden. Darüberhinaus ist es extrem schwierig etwas zu rekapitulieren, was bereits dermaßen weit zurückliegt. Es kann auch sein, und das ist der eigentliche Sinn dieses Textes gewesen, dass irgendjemand da draußen, egal ob Kind oder nicht, die selbe Erfahrung gemacht hat. Hier würde ich mich gerne austauschen, vielleicht gelingt es uns gemeinsam das zu einem gültigen Fazit zu bringen. Die 00100 ist bis heute die ominöseste Nummer die mir persönlich bekannt ist.

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